# Die Stadt ohne Juden ## Dokumentation einer vergessenen Geschichte ### EINE ART SATIRE NACH HUGO BETTAUERS GLEICHNAMIGEM ROMAN VON 1922 Vor 100 Jahren veröffentlichte der österreichische Schriftsteller Hugo Bettauer (1872-1925) seinen erfolgreichsten Bestseller »Die Stadt ohne Juden«. Die Satire auf den Judenhass in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg erscheint im Nachhinein erstaunlich prophetisch und wenig grotesk: Eine rechtsnationale und offen antisemitische Regierung verbannt alle Jüdinnen und Juden sowie alles Jüdische aus Österreich. Ein Stück von Peer Gahmert & Tim Gerhards. Mit Adriana Könemann, Helge Tramsen und Tobias Pflug. Premiere am 9. Juni 2022. Weitere Vorstellungen in Bremen: 10. & 12. Juni. Jeweils um 20 Uhr. Zu sehen in den Pusdorf Studios. ### INHALT Österreich, Anfang der 1920er-Jahre: Nach dem verheerenden Weltkrieg liegt die Wirtschaft der noch jungen Republik brach. Unruhen erschüttern das Land und führen schließlich zu Neuwahlen. Die Christlichsoziale Partei unter ihrem Führer Karl Schwertfeger hat die vermeintliche Ursache für alle Probleme erkannt und gewinnt die Herzen der Menschen mit der Parole »Hinaus mit den Juden aus Österreich!« Das Versprechen wird in die Tat umgesetzt: Innerhalb von wenigen Monaten müssen alle jüdischen Einwohnerinnen und Einwohner sowie solche mit jüdischen Vorfahren das Land verlassen, ihr Besitz geht an den Staat und die Wiedereinreise wird mit dem Tode bestraft. Österreich entwickelt sich entgegen den Erwartungen aber nicht zu einem prosperierenden Staat – und auch kulturell hinterlässt die Ausweisung aller Juden schmerzhafte Spuren. Dazu trägt auch ein junger jüdischer Künstler bei, der heimlich aus seinem Exil zurückkehrt und trickreich dabei hilft, sein Heimatland wieder zurück in den Kreis der zivilisierten Länder zu führen. ### HINTERGRUND Hugo Bettauers Geschichte ist heute, wie der Autor auch, weitgehend in Vergessenheit geraten – vollkommen zu Unrecht. Denn der Roman zeigt, dass es durchaus zeitgenössische Stimmen gab, die eindrücklich vor den Gefahren antisemitischen, völkischen und nationalistischen Denkens warnten. Und der Erfolg des Buches – es wurden 240.000 Exemplare verkauft, schon kurz nach dem Erscheinen wurde es verfilmt und auch in Deutschland adaptiert (Artur Landsberger, »Berlin ohne Juden«) – zeigt, dass Bettauer einen Nerv getroffen hat. Das Theaterstück kommt im Gewand einer satirischen Dokumentation daher. Der Inhalt des Romans dient als Tatsachenbericht und bildet die Grundlage einer fiktiven und alternativen Realität: Für die Zuschauerinnen und Zuschauer ist der Antisemitismus eine kaum bekannte Episode der Geschichte. Denn das gescheiterte Vorhaben, alle Jüdinnen und Juden aus Österreich zu verbannen, führte schlussendlich dazu, dass der Antisemitismus seitdem praktisch ausgestorben ist. In dieser fiktiven Realität endet mit der Rücknahme der Antijudengesetze in Österreich die bis dahin schon sehr leidvolle Historie der Judenverfolgung – und wegen des abschreckenden Beispiels auch im Rest Europas. Hugo Bettauer entstammte einer jüdischen Familie und konvertierte zum Christentum. Für ihn und seine Hunderttausenden Leserinnen und Leser kurz nach dem Ersten Weltkrieg lag die Machtergreifung der Nazis, der Zweite Weltkrieg und die Schoah außerhalb der Vorstellungskraft. Das Wissen um die tatsächliche Geschichte, um den millionenfachen Mord an Jüdinnen und Juden sowie die unfassbaren Vernichtungsfeldzüge Deutschlands unter Adolf Hitler macht es heutzutage sehr schwer, die Wirkung von Bettauers Geschichte und seine Vorahnung auf die damalige Öffentlichkeit einzuordnen. Der Roman dürfte vielen Leserinnen und Lesern zu Beginn der 20er-Jahre des 20. Jahrhunderts grotesk erschienen sein – und anderen als die literarische Mahnung eines warnenden Autoren. ### HUGO BETTAUER Am 26. März 1925 starb der Schriftsteller, Journalist, Drehbuchautor und Herausgeber an den Folgen eines Anschlags: Wenige Tage zuvor richtete in Bettauers Redaktionsräumen ein NSDAP-Sympathisant eine Waffe auf den damals berühmten Literaten. In den Monaten davor wurde Hugo Bettauer das Opfer einer medialen Hetzkampagne. Für nationalistische, konservative und antisemitische Blätter war der aus einer jüdischen Familie stammende Intellektuelle das Abbild des liberalen und die Gesellschaft zersetzenden Juden. Vermeintliche Anlässe dafür gab es zuhauf: In seinen Romanen (z. B. »Hemmungslos«, »Die freudlose Gasse« und »Die schönste Frau der Welt«) thematisierte er das Abgründige, das Dreckige und das Abseitige der Nachkriegsgesellschaft. In den von ihm herausgegebenen Zeitschriften »Er und Sie« und »Bettauers Wochenschrift« setzte er sich für Gleichberechtigung und für die Akzeptanz von Homosexualität ein. Nicht zuletzt sein berühmtestes Werk »Die Stadt ohne Juden« brachte ihm den Ruf eines sehr wachen und aufmerksamen Beobachters ein. Geboren wurde Bettauer als Maximilian Hugo Betthauer am 18. August 1872. 1890 konvertierte er zum Christentum. In den Jahren darauf arbeitete er als Journalist in New York für verschiedene Zeitungen, später auch in Berlin und Hamburg. 1910 kam er zurück nach Wien. Sein Mörder, Otto Rothstock, wurde vom Vorwurf des Mordes freigesprochen und stattdessen in eine Psychiatrie eingewiesen. Nach 18 Monaten verließ er sie als freier Mann. ### BETEILIGTE #### ADRIANA KÖNEMANN – SCHAUSPIEL Adriana Könemann wurde 1984 in Wuppertal geboren. Von 2010 bis 2015 studierte sie Theaterpädagogik/Theater im Sozialen mit dem persönlichen Schwerpunkt Tanz und Choreografie an der Hochschule für Künste im Sozialen in Ottersberg. Bei bewegungs art in Freiburg bildete sie sich in zeitgenössischem Tanz, Improvisation und Body Mind Centering fort. Außerdem ist sie staatlich geprüfte Erzieherin mit Montessoridiplom. Seit 2015 tanzt und choreografiert sie als freie Mitarbeiterin für die inklusive Company tanzbar_bremen. Zudem ist sie als freiberufliche Tanzschaffende in zahlreichen Projekten im In- und Ausland tätig. #### HELGE TRAMSEN – SCHAUSPIEL Helge Tramsen, 1973 in Flensburg geboren und aufgewachsen in Kappeln an der Schlei, studierte von 1999 bis 2003 an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch in Berlin. Festengagements führten ihn ans Theater Oberhausen und ans Schauspiel Bonn, wo er 2004 und 2005 als Bester Nachwuchsschauspieler Nordrhein-Westfalens ausgezeichnet wurde. Seit 2009 arbeitet er als freier Schauspieler, Regisseur, Sprecher und Moderator für Film, Funk, Fernsehen und Festivals, spielte als Gast an Theatern in Münster, Hamburg, Berlin, Luxemburg und Oslo. Seit der Spielzeit 2010/2011 stand Helge in zahlreichen Stücken am Theater Bremen auf der Bühne, u. a. 2019 als Karaman in Selen Karas Inszenierung »Die rote Zora«. Aktuell ist er auch als Sigmund Freud u. a. in Robert Seethalers »Der Trafikant« am Schnürschuh Theater in der Bremer Neustadt zu sehen. #### TOBIAS PFLUG – SCHAUSPIEL (FILM) Tobias Pflug ist Theatermacher. In unterschiedlichen Formationen erprobt er Theater, Tanz und Performance Anlagen. Er lotet behutsam die Schnittmengen der Künste im Angesicht der Gesellschaftlichen Herausforderungen aus. Er behauptet den Raum des Theaters in all seinen Formen als Ort des Diskurses, der Auseinandersetzung, der Berührung, der Schönheit, des Spiels und der Intensitäten. als Mitglied im theaterpunk, als Performer der Gruppe DEMENTUM, beim deutsch polnischen Duett Safe and Sound, als Gründer des Theater KNALLBOMBOM, als Theaterautor, als Solokünstler, als Vorstand des LAFDK, als Regieführender, als Mitgründer der Agentur für fast Alles. versucht er seine Näherungen an das unfassbare zu vollziehen. #### PEER GAHMERT – TEXT & REGIE Peer Gahmert (*16. Februar 1984 in Bremen) ist ein deutscher Satiriker (u. a. »Der Postillon«, »Eine Zeitung«), Autor für meist humoristische TV-, Film- und Hörspielformate, Theaterregisseur, -dramaturg und -intendant sowie Moderator von lehrreichen Unterhaltungsformaten. Zu seinen bekanntesten Werken zählt »facebook-agb – das musical« (2017), in dem dem Publikum vorgesungen und -getanzt wurde, welchen Bestimmungen sie einmal zugestimmt hatten, sowie das investigative Buch »Tatort Märchen – Wie ›Die Bremer Stadtmusikanten‹ seit mehr als 200 Jahren den Rechtsstaat verhöhnen«, das erfolgreich den Mythos der bekannten Geschichte zerstörte. Gahmert ist durch seine Arbeiten u. a. für den Postillon einer der meistgelesenen und -gehörten, aber auch unbekanntesten Satiriker des deutschsprachigen Raumes. #### TIM GERHARDS – REGIE & PRODUKTIONSLEITUNG Tim Gerhards wurde am 15.10.1987 in Saarbrücken geboren. Von 2006 bis 2010 studierte er zeitgenössischen Tanz an der Folkwang Universität der Künste in Essen, wo er das NRW-Stipendium erhielt. Von 2010 bis 2012 war er als Tänzer beim Tanztheater Bremen unter der künstlerischen Leitung von Urs Dietrich engagiert. Ab 2012 war er in zahlreichen Engagements als Tänzer, Schauspieler und Tanzpädagoge an verschiedenen Orten in Deutschland freiberuflich tätig. Als Choreograf und Theatermacher kreiert er Tanz- und Theaterperformances, die sich mit gesellschaftlich relevanten und politischen Themen auseinander setzen. Seine Arbeiten sind oftmals ortsspezifisch und werden in verschiedenen Theatern und auf Festivals im In- und Ausland aufgeführt. Seit 2014 arbeitet er hauptsächlich in Bremen, wo seine Projekte unter anderem vom Senator für Kultur und verschiedenen Stiftungen regelmäßig gefördert werden. ### PRODUKTION Premiere: 9. Juni 2022 Weitere Termine in Bremen: 10. & 12. Juni Beginn jeweils um 20 Uhr Pusdorf Studios Bremen (Ladestraße 12-14) LICHT & TON TIMO REICHENBERGER TECHNISCHE BERATUNG JOHANNA MELINKAT PRODUKTIONSASSISTENZ ANNA RÖDIGER EINE PRODUKTION VON UNPERFORM E. V. UNTERSTÜTZT VON DER SENATOR FÜR KULTUR DER FREIEN HANSESTADT BREMEN WALDEMAR KOCH STIFTUNG KARIN UND UWE HOLLWEG STIFTUNG ### KONTAKT [unperform e.V.] gemeinnütziger Verein zur Förderung von freier Kunst und Kultur in Bremen Wernerstraße 45 28203 Bremen www.unperform.de mail@unperform.de ANSPRECHPARTNER: Peer Gahmert +49 176 6207 6430 pg@unperform.de